Schlanstedt
In nur drei Kilometer Entfernung von Eilenstedt liegt Schlanstedt.
Die inmitten des Ortes gelegene Burganlage wurde Anfang des 13. Jahrhunderts als romanisches(1) Kastell mit dem noch heute erhaltenen 24 Meter hohen Bergfried errichtet, ehemals umgeben von einer Mauer.
Als deren wahrscheinliche Erbauer, aber nachgewiesen als ihre zeitweilige Besitzer, werden die Grafen von Regenstein genannt.
Die Regensteiner hatten zu dieser Zeit eine beherrschende Position im Nordharz und dessen Vorland.
Das Zentrum ihres Imperiums war der Regenstein, eine ehemalige Festungsanlage in der Nähe von Blankenstein, deren Ruinen noch heute einen Ausflug wert sind.
Durch ihre fortwährenden Fehden mit dem Halberstädter Bistum kam es jedoch schon 1599 mit dem Tod des Johann Ernst von Regenstein zum Aussterben des Geschlechtes.
1311 war die Burg Tatort eines schrecklichen Mordgeschehens. Graf Heinrich von Regenstein erhielt den geheimen Befehl, 12 Tempelritter(2) in seinem Gerichtsbezirk zu töten.
Zu diesem Zweck lud er die Templer zu einem Rittermahl und ließ sie nach dem Essen auf ein vorher vereinbartes Zeichen durch seine anwesenden Knappen und Diener töten. „Das ganze Zimmer schwamm von rauchendem Blute wie ein Teich im herbstlichen Morgen“.
Der Saal erhielt daraufhin den Beinamen „Die rothe Tempelherren-Stube“, volkstümlich auch „Blutstube“.
1344 erfolgte die käuflicher Erwerb der Burg durch Bischof Albert II. von Halberstadt.
1363 lässt Fürst Ludwig von Meißen, Bischof von Halberstadt, die Burg in Stand setzen. 1367 wird die jetzige Kirche durch Bischof Albert III. errichtet.
Im 16. und 17. Jahrhundert wurde die Burg in Schlanstedt durch Kardinal Albrecht und der Familie von Arnstadt zu einem Renaissanceschloss(3) umgebaut.
Daran erinnern das im Innenhof an der Nordseite (Foto rechts) zu findende Wappen des Kardinals Albrecht aus dem Jahr 1524 und das der Familie von Arnstadt von 1616 (Foto links unten) unter dem Wappenfries der 14 Halberstädter Domherren (Foto links oben).
Aufmerksame Besucher unserer Seite erinnern sich sicher, dass uns bereits in Flechtingen (Tour 4, Punkt 5) ein Wappen mit den im Wappenschild befindlichen drei Enten aufgefallen ist.
Und hier in der Burg Schlanstedt begegnen wir diesen im Wappenschild des ehemaligen Halberstädter Domherrn Joachim von Tresckow wieder (Foto rechts).
Und auch jetzt noch kommt bei uns die bisher unbeantwortete Frage auf: Was haben die Tresckows mit den Enten zu tun? Waren Sie tatsächlich die Herrscher von Entenhausen?
Ab 1650 diente das Anwesen als preußische Domäne.
Von 1836 bis 1945 war die Saatzüchterfamilie Rimpau Pächter der einst so stolzen Burg. 1880 gelang es den Rimpaus, erstmals in der Welt eine fruchtbare Kreuzung aus Roggen und Weizen herzustellen. Der Anbau des mit der Bezeichnung Triticale versehenen Getreides ist in Deutschland jedoch noch sehr gering, da die Backeigenschaften nicht den Anforderungen entspricht. Daher wird es fast ausschließlich als Futtermittel verwendet.
1994 ging die Burg in das Gemeindeeigentum von Schlanstedt über. Zur gleichen Zeit wurde der im Innenhof befindliche 24 Meter tiefe Brunnen wieder freigelegt.
2001 wurde die Burg von der Familie Blume-Brümmer erworben. Diese hat es sich zur fast unmöglich erscheinenden Aufgabe gemacht, die Burg zu renovieren, Ferienwohnungen und ein schon existierendes Restaurant dort zu schaffen.
Tipp: Gegen eine geringe Gebühr - man muss mit der Glocke im Innenhof läuten - führt Herr Brümmer eine Burgbesichtigung durch (Stand 2006), deren Höhepunkte die Besichtigung des Verlieses(4) (Foto links) und die Besteigung des Bergfrieds sind. Von ihm hat man eine herrliche Rundumsicht, zum Elm und über den Huy bis zum Harz.
(1) Romanik |
(1050-1230). Bauformen römischer, fränkisch-karolinischer, arabischer Herkunft. Halbkreisförmige Rundbogen. Große ebene Flächen. Dicke wehrhafte Mauern. |
(2) Tempelritter |
Templerorden, 1119 gegründeter geistlicher Ritterorden der Templer (Tempelherren); benannt nach ihrem Domizil auf dem Tempelberg in Jerusalem; Tracht: rotes Kreuz auf weißem Gewand. |
(3) Renaissance |
(1500-1650). Von Italien ausgehender Baustil. Im Kirchenbau wird das Langhaus von einem Tonnengewölbe überspannt, getragen von durch Rundbögen verbundenen Pfeilern. Über dem lichtdurchfluteten Zentrum ruht eine große Kuppel. Beispielhaftes Muster für den Profanbau (Rathäuser, Burgen u.ä.) ist das Gewandhaus in Braunschweig. |
(4) Verlies |
[Unterird.] Gefängnis, Kerker |
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