Eilenstedt
Vom Röderhofer Teich nur wenige hundert Meter in Richtung Eilsdorf fahrend biegen wir rechts ab nach Eilenstedt, einem typischen Haufendorf.
Ortsgeschichte |
Das Kloster Huysburg erhielt, wie aus der Stiftungsurkunde hervorgeht, 1084 in Eilenstedt, damals Eylenstidde genannt, bedeutenden Grundbesitz. Darunter auch einen Anteil an den damaligen Weinbergen.
Der zu diesem Zweck dort errichtete "Große Klosterhof" wurde Ende des 16. Jahrhunderts für mehrere Jahre verpachtet.
Da jedoch in dieser Zeit nur unregelmäßig die Pachtbeträge eingingen, wurde der Hof ab 1625 wieder in Eigenregie regelmäßig durch einen Pater des Klosters bewirtschaftet.
1547 wurde der anscheinend langsam verfallene Hof wieder neu aufgebaut.
1795 brannten im November drei große Scheunen nebst Pferdeställen ab und wurden bis zur Ernte 1796 mit einem Kostenaufwand von 9.500 Thalern wieder neu errichtet.
1455 erwarb das Kloster von Heinrich Ribbrecht zusätzlich den so genannten "Freien Thurmhof" mit seinen Äckern, Wiesen und einem "Holzfleck".
1497 wurde außerdem der Kemnatenhof angekauft.
Nach Auflösung des Klosters Huysburg im Jahr 1804 wurden der Klosterhof und der freie Thurmhof königliche Domäne.
1106 wurde das "Obere Rittergut" dem Kloster Gröningen geschenkt und im 16. Jahrhundert an Valentin Kropf aus Gröningen verkauft. In den folgenden Jahrzehnten wechselte es mehrfach die Eigentümer bis es schließlich von Christoph Schaper erworben wurde.
An diesen erinnert die an dem vor der St. Nikolaikirche erbauten Grabgewölbe angebrachte Tafel (Foto rechts) mit der Inschrift "Grabgewölbe der Familie des Ackermann(s) Heinrich Grasshoff und des Gutsbesitzer(s) Christoph Schaper, 1867".
St. Nikolaikirche |
Trotz bisher schon ca. zehn Jahre andauernder und gründlich misslungener Restaurierungsarbeiten ist die am nördlichen Ortsrand über eine mit holprigem Kopfsteinpflaster befestigte Straße zu erreichende, im Jahr 1138 vom Kloster Huysburg erbaute St. Nikolaikirche mit ihrem leider nicht mehr existenten rechteckigen Turm und den drei romanischen(1) Säulenkapitellen(2) schon allein wegen ihres z.Zt. bedauernswerten Zustandes sehenswert.
Die Kirche wurde am 6. Dezember 1138 von Bischof Rudolf geweiht und das Patronat dem Kloster verliehen.
Unser linkes Foto zeigt die Kirche aus längst vergangenen Zeiten.
Das heutige Kirchenschiff ist bis auf das Dach (Anmerkungen siehe unten) z.Zt. noch das ursprüngliche aus dem Jahr 1138. Anfangs reichte es nur bis zum Mittelgang, wie die Mauerreste an der Kanzel und der gegenüberliegenden Prieche zeigen.
Im 17. Jahrhundert wurde sie erweitert und wahrscheinlich auch die Fenster im Kirchendach eingebaut, um mehr Licht zu gewinnen. Die kleinen romanischen Fenster wurden größtenteils durch spitzbogige und neue rundbogige, unsymmetrische ersetzt.
1649 stiftete Pastor Burchard Lossius die geschnitzte Kanzel mit Darstellungen des Heilands und der Apostel.
1723 schenkten David Nolte und seine Frau der Kirche den Taufengel.
1730 wurde der jetzige Altar an die Stelle des bisherigen gesetzt.
1760 wurde die aus dem Kloster Huysburg stammende Orgel für 300 Thaler angekauft. An der Orgelprieche, dem Gebetsstuhl, ist David mit zwei musizierenden Engeln angebracht. Die auf der Nordseite befindliche Prieche ließ der Schafmeister Heinrich Lütge Mitte des 17. Jahrhunderts mit 19 Bildern aus dem neuen Testament bemalt. Lütge und Frau sind an einem Pfeiler abgebildet, er in einem spanischen Mantel und mit großem Hut.
Die Epitaphien (Gedenktafeln) erinnern an Pastor Lossius, der 1649 die geschnitzte Kanzel stiftete, Johann Bersmann und den zweijährigen Sohn des Schlanstedter Amtsmannes Albrecht Wibbel, dessen Frau Dorothea Kramer eine gebürtige Eilenstedterin war.
Der langwierige und beschwerliche Weg bis zur Einweihung des Kirchturms |
2003
Zwecks Restaurierung wurde die Kirche vorübergehend ihrer Kirchenspitze beraubt, und diese auf einer nahegelegenen Wiese abgestellt. Unsere Aufnahmen stammen aus dem Jahr 2003.
Ihr derzeit äußerer Zustand lässt vermuten, dass noch viele Jahre über die arg vernachlässigte Kirche hinweggehen, bis sie zumindest ein wenig in ihrem alten Glanz erstrahlt. Doch viele Eilenstedter haben inzwischen diese Hoffnung aufgegeben.
Nachdem wir oftmals vergeblich und ohne jede Beantwortung (!) bei der Gemeinde und der evangelischen und katholischen Kirche, aber auch bei der für Eilenstedt zuständigen Pastorin, versucht hatten, Material über die Kirche zu erhalten, hat uns uns freundlicher Weise Herr Hans-Peter Roppel aus Schöningen spontan Fotokopien aus einem wahrscheinlich um 1900 herausgegebenen Buch, dessen Titel uns noch unbekannt ist, gebracht. Aus diesem haben wir die obenstehend wiedergegebenen Angaben übernommen. Da wir leider noch nicht die Möglichkeit hatten, die Kirche zu betreten, ist uns aus diesem Grund unbekannt, ob die eingangs beschriebenen Einrichtungen der St. Nikolaikirche noch in dieser Form erhalten sind.
2006 Am 03. November 2006 erhielten wir neben dem obigen Eintrag in unser Gästebuch von einem Besucher das links abgebildete Foto. Die misslungene Restaurierung eines "mickrigen" Kirchenturms in Zeiten der Erbauung von erdbebenfesten Hochhäusern von mehreren Hunderten Metern Höhe schien uns fast nicht glaubhaft. Doch anlässlich eines weiteren Besuches haben wir uns von dem Glanzstück deutscher Baukunst überzeugt. Noch heute (2008) lagern die kümmerlichen Reste des vor fast 900 Jahren errichteten und im 21. Jahrhundert wahrscheinlich aufgrund von Unfähigkeit zerstörten Turmes auf dem Grundstück.
2007
Anfang Mai 2007 wurde uns telefonisch von kompetenter Seite auf Anfrage mitgeteilt, dass entgegen unserer Befürchtung doch noch beabsichtigt sei, den Turm einschl. der Spitze nach Klärung einiger Unstimmigkeiten, so wie auf unserer Fotomontage (verwendet wurden der inzwischen wieder abgerissene Turm und die auf einer Wiese abgestellte Kirchturmspitze) dargestellt, wieder zu errichten. Weitere Informationen wurden uns zugesagt.
Doch leider hüllt man sich wieder in Schweigen. Die meisten der Eilenstedter Bevölkerung darf man auf dieses Missgeschick kaum ansprechen. Ihre Anwort ist Schweigen. Wir hatten den Eindruck, dass sie sich unverständlicher Weise für diese Panne schämen und zudem verantwortlich fühlen.
Doch hier wurden Steuergelder sinnlos verschleudert. Auch das der Eilenstedter. Sie sollten auf die Barrikaden gehen und lautstark die verantwortlichen Bauherren, Architekten und Firmen anprangern. Und das nicht nur im Ort, sondern auch weit darüber hinaus.
2008
Am 14. Mai 2008 statteten wir der Kirche einen weiteren Besuch ab.
Anzeichen von der Errichtung eines neuen Turmes waren noch nicht zu erkennen.
Allerdings scheint zumindest die noch immer abseits stehende Kirchturmspitze inzwischen wetterfest verkleidet worden zu sein. Das Kirchenschiff ist inzwischen, wahrscheinlich nunmehr aus Kostengründen, mit knallroten Baumarkt-Ziegeln - warum kein Schiefer oder dunklere Ziegel?- neu eingedeckt worden und die jetzt weißen Hauben mit den darin befindlichen Fenstern wurden erneuert. Zum Vergleich haben wir eine der Hauben in ihrer ursprünglichen Form abgebildet (Foto rechts). Über die Qualität der Restaurierung und das Aussehen der Dacheindeckung kann man somit sicher streiten. Unseres Erachtens würde das Dach eher zu einem modernen Gebäude als zu einer fast 900 Jahre alten Kirche passen.
Wir sind natürlich noch immer daran interessiert, in welcher Form die weitere Restaurierung durchgeführt werden soll, und daher für jeden Hinweis per E-Mail dankbar. Auch würden wir uns über eine Stellungnahme der verantwortlichen Stellen freuen. Denn nur diese können den Bauunkundigen die Schwierigkeiten bei den Restaurierungsarbeiten erläutern und Fakten aufzählen, die zu diesen sicher auch für sie nicht erfreulichen Entwicklungen geführt haben. Und auch sollte die Frage, ob der Kirchturm wieder errichtet wird, endlich einmal beantwortet werden.
Unser seit 2003 bestehender Wunsch, endlich einmal von kompetenter Seite über die Schwierigkeiten und den Fortgang der Sanierungsarbeiten unterrichtet zu werden, ging mit der nachstehenden E-Mail des Ortsbürgermeisters von Eilenstedt, Herrn Volker Sander, endlich in Erfüllung.
Wir freuen uns darüber sehr und werden über den Fortgang der Arbeiten berichten. Trotzdem werden wir die Chronologie über die vergeblichen, langwierigen und mühevollen Sanierungsbemühungen auf unserer Seite belassen.
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Juli 2010
Grundsteinlegung begeisterte .
Unter großer Teilnahme der Einwohner von Eilenstedt und zahlreicher Gäste begeisterte die am 04.07.2010 durchgeführte feierliche Grundsteinlegung. In einem sehr bewegenden Moment wurde die Dokumentenhülle, deren Inhalt mit Zeitdokumenten bestückt war, von den Protagonisten des Turmprojektes an der dafür vorbereiteten Stelle positioniert. Bei einem anschließenden Empfang konnte man sich unter anderem einen Überblick zu den Funden der archäologischen Grabungen verschaffen. Die vom Grabungsleiter Herrn Kunkel dafür vorbereiteten Aufsteller fanden ein reges Interesse.
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August 2012
Für den Außenstehenden etwas mehr als gewöhnungsbedürftig wurde an das Kirchlein inzwischen ein Turm aus Beton, mit Fenstern und Türen modernster Art ausgestattet, geklebt Er soll in kommunal zu nutzenden Bereiche mit einer Teeküche eingeteilt werden. Über die Oberflächenstruktur und Farbgebung soll noch diskutiert werden. Die bereits sanierte historische Turmhaube (siehe Foto) wird auf den Turmschaft aufgesetzt und wahrscheinlich mit einer altdeutschen Schiefereindeckung versehen.
Das Vordach der Kapelle wurde neu eingedeckt. Im Gegensatz zum Hauptgebäude wurden wenigstens hier dem Alter des Gebäudes entsprechende Ziegel verwendet.
Wegen fehlender Mittel ruhen jedoch leider schon seit Monaten die Arbeiten.
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Oktober 2015 Am 3.10.2015 wurde der Turm feierlich eingeweiht und vom Ausschuss „Wir im Turm- kirchlich-kommunale Begegnungsstätte in der Kirchengemeinde Eilenstedt“ betrieben.
Die Umsetzung des kirchlich-kommunalen Gedankens trägt hier Früchte, viele Veranstaltungen, von Reisevorträgen über Kinoabende und Konzerte finden in den Räumlichkeiten der Kirche statt. Im Turnraum des Kirchturmes gibt es wöchentlich 6 Sportkurse für alle Altersklassen (Zumba für Kinder und Erwachsene, Yoga und Rückenschule). Zudem nutzt auch die KITA des Ortes den Turnraum regelmäßig. n |
Romanischer Wohnturm |
Wir sollten nicht vergessen, dem neben dem Rittergut - dem Edelhof - romanischen Wohnturm (Foto links) einen Besuch abzustatten.
Ursprünglich vielleicht sogar ein Bauwerk der Römer, die den Turm als Getreidesilo nutzten. Im Mittelalter wurde er zu einem Wohnturm umgebaut.
(1) Romanik |
(1050-1230). Bauformen römischer, fränkisch-karolinischer, arabischer Herkunft. Halbkreisförmige Rundbogen. Große ebene Flächen. Dicke wehrhafte Mauern. |
(2) Kapitell |
Der oberste Teil (Kopf) bei Säulen, Pfeilern, Pilastern als Zwischenglied zwischen Stütze und Last. |
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