Wormsdorf
Südlich von Ummendorf ist Wormsdorf bereits der nächste Ort.
Wormsdorf wurde 1022
erstmals urkundlich erwähnt. 1938 durchgeführte Ausgrabungen
erbrachten aufgrund zahlreicher Funde, dass der Ort über mehrere
Jahrtausende ununterbrochen besiedelt wurde. Ursache dafür könnte der
östlich der Kirche zu findende
artesische Brunnen(1)
sein, dessen erwärmtes
Wasser auch im tiefsten Winter mit ca. 10 Grad C noch heute aus
der Tiefe empor steigt.
Die
Wormsdorfer Fluren bilden das
Quellgebiet
der Aller.
Einem Fluss, der sich auf seinem 263 Kilometer langen Weg noch die
Oker und Leine einverleibt, um dann bei Verden in die Weser
zu münden. Die Hauptquelle finden wir auf 163 Meter Höhe in einem kleinen
Laubwald des gut zwei Kilometer südlich von Wormsdorf gelegenen
Gehringdorf.
Die ehemals sieben
Sandsteinbrüche bildeten über mehrere Jahrhunderte für Wormsdorf eine
wichtige Erwerbsquelle. 1654 nahm der Tiroler Steinmetz
Melchior Lentz hier seine Tätigkeit auf. Dank seiner hervorragenden Arbeiten
verbreitete sich der ausgezeichnete Ruf der
Wormsdorfer
Steinmetzkunst schnell über ganz Norddeutschland. Wormsdorfer Steine
wurden nicht nur in Braunschweig und Hamburg sondern auch von König Friedrich
dem Großen für den Bau seines Schlosses Sanssouci verwendet.
In Ortsmitte und neben dem alten Friedhof erhebt sich wuchtig der im gotischen Stil(2) errichtete Turm der evangelischen Pfarrkirche St. Paul, 1269 erstmals schriftlich erwähnt.
1319 wurde sie dem Apostel Paulus geweiht. Der gesamte Bau wurde aus kunstvoll behauenen Sandsteinquadern erstellt. Nach dem dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) wurde das Kircheninnere der romanischen(3) Kirche barockisiert(4) und mit einem Gewölbe aus Holz versehen.
In
seiner romanischen(3)
Art erhalten blieb der Altarblock. Der Aufsatz von 1711
wird Michael Hellwig zugeschrieben. Im Zentrum finden wir zwei
Ölgemälde, die Kreuzigung und das Abendmahl, umrahmt von den Figuren
der Apostel Paulus und Petrus.
Die ebenso wie der Altar aus
Sandstein geschaffene Kanzel ragt erhöht in das Kirchenschiff
hinein. Sie ist geschmückt mit den Gestalten des Christus und der
vier Evangelisten. Getragen wird der Kanzelkorb von der
Figur des Mose, in den Händen die Gesetzestafeln haltend.
Der Kanzel gegenüber steht der aus der Werkstatt des uns schon bekannten Steinmetzes Melchior Lentz stammende Taufstein aus dem Jahre 1670. Unmittelbar daneben finden wir einen an den großen Künstler erinnernden Gedenkstein. Lentz verstarb in Wormsdorf 1675.
Die Kirche verlassend, entdecken wir die an der südlichen Außenseite des Turms angebrachte sandsteinerne Sonnenuhr. Und schließlich den Gingkobaum, über den schon Goethe einst schrieb.
Bis zur Fertigstellung des
Mausoleums in Sommerschenburg
(siehe Punkt 2 dieser Tour) wurde der Leichnam von Neithard von
Gneisenau, dem ehemaligen Eigentümer des dortigen Schlosses, hinter dieser
Tür in der St. Paul-Kirche aufbewahrt.
Quelle: Festschrift der Gemeinde Wormsdorf zur 975-Jahrfeier im Jahre 1997, uns freundlicher Weise vom Bürgermeister des Ortes, Herrn Bernd Wipper, zugestellt.
(1) Artesischer Brunnen |
Natürlicher Brunnen, bei dem das Wasser durch einen Überdruck des Grundwassers selbsttätig aufsteigt. |
(2) Gotik |
Stilepoche der europ. Kunst. Der Begriff G. war von G.Vasari abwertend von den Goten, in seinen Augen Barbaren, abgeleitet worden. Eine positive, bis heute gültige Sicht und Wertung gelang erst der dt. Romantik. |
(3) Romanik |
(1050-1230). Bauformen römischer, fränkisch-karolinischer, arabischer Herkunft. Halbkreisförmige Rundbogen. Große ebene Flächen. Dicke wehrhafte Mauern. |
(4) Barock |
Kunststil von etwa 1600 bis 1750 in Europa, charakterisiert durch Formenreichtum und üppige Verzierungen. |
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