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Vierte Geologische Tour durch das Braunschweiger Land
Bei schönstem Spätsommerwetter trafen wir uns am Samstag, dem 23.09.2006 um 10:00 Uhr auf dem Parkplatz vor der ehemaligen Landkommende des Deutschen Ritterordens in Lucklum und waren schon gespannt, welche Überraschungen Frau Dipl.-Mineralogin Wilke-Schiegries uns auf unserer Reise durch die Erdgeschichte des Elms und seines Vorlandes bieten würde.
Die erste Überraschung war der aufgelassene Steinbruch "Am Markmorgen", hoch am südlichen Elmrand über Evessen gelegen.
Bevor wir uns auf Fossiliensuche begeben durften, erklärte uns Frau Wilke-Schiegries, dass das hier anstehende Gestein im Trias vor ca. 210 Millionen Jahren am Rande eines flachen tropischen Meeres entstand.
Das hauptsächlich für die Errichtung von Häusern verwendete dickbankige Kalkgestein besteht fast ausschließlich aus Muschelschalen und Stielgliedern von Seelilien, die schon in der Jungsteinzeit für die Herstellung von Schmuck und noch bis in das 18. Jahrhundert als Heilmittel Verwendung fanden. Im Mittelalter handelte man sie unter der Bezeichnung Bonifatiuspfennige, Hexengold oder auch Sonnenräder. Die leider nur noch sehr selten vorkommenden Seelilien gehören ebenso wie die Seeigel und Seesterne zu der der Tiergattung der Stachelhäuter.
Trotz Vorlage eines im Besitz des Webmasters befindlichen Originals (rechtes Foto) einer in diesem Gebiet gefundenen Seelilie (encrinus liliiformis) war es jedoch leider keinem der Teilnehmer vergönnt, einen der noch vor einigen Jahrzehnten hier zwischen Erkerode und Evessen häufiger vorkommenden Kelche zu entdecken.
Aber jeder der insgesamt 13 Teilnehmer, darunter ein Gast aus Potsdam, konnte zumindest eines der zahlreich vorkommenden Seelilienstielglieder (Foto rechts) freilegen und mit nach Hause tragen.
Ein besonders schöner Fund gelang unserem jüngsten Teilnehmer in Form dieser sehr gut erhaltenen versteinerten Muschelschale (Foto links oben).
Unsere Weiterfahrt führte uns durch die herrliche Obstbausiedlung über Evessen und Ampleben in den Elm. Kurz vor Groß Rhode steuerten wir einen Parkplatz an und "wanderten" ca. 1200 Meter zu den "Amplebener Kuhlen", einem großräumigen Steinbruchgelände aus dem Mittelalter.
Vor ca. 240 Millionen Jahren wurden hier in dem tropischen Flachmeer während der Muschelkalkzeit des Trias, hauptsächlich infolge von Ebbe und Flut, Schalenbruchstücke, Kalkschlamm, Brachiopoden, Muscheln, Schnecken und Seelilienstielglieder abgelagert. Erst zu Hause unter dem Mikroskop stellten wir fest, dass die "Webmasterin" eine Ansammlung zusammengeschwemmter Brachiopodenschalen gefunden hatte. Deutlich erkennbar anhand der Riffelungen.
Die häufigsten Fundstücke waren die durch Würmer, Krebse und Muscheln beim Durchwühlen des damals noch schlammigen Meeresbodens geschaffenen und jetzt versteinerten Gänge, die so genannten Spurenfossilien.
Interessant zu erfahren war, dass die mächtigen Werksteinbänke dieses Steinbruches besonders im 16. Jahrhundert nach Braunschweig und Wolfenbüttel transportiert wurden, um dort zu Fassaden und Ornamenten, z.B. im Jahr 1590 für die Ostfassade des Braunschweiger Gewandhauses, verarbeitet zu wurden.
Vorbei am Tetzelstein gelangte unsere Kolonne über Königslutter in das nördliche Vorland des Elms an den Rand eines kleinen Waldgebietes. Vom Parkplatz aus führte uns ein Weg zu dem von FEMO geschaffenen Findlingsgarten.
Klimaverschlechterungen führten zu ausgedehnten Vergletscherungen auch im Braunschweiger Land. Zweimal waren bis zum Harzrand Gebiete dieser Region über mehr als 100.000 Jahre unter einer kilometerdicken Eisschicht begraben.
Die jüngste Eiszeit begann vor etwa 2 Millionen Jahren. Die hier ausgestellten Findlinge stammen fast ausschließlich von einem nahe Königslutter liegenden, engbegrenzten Fundort. Sie wurden langsam aber stetig aus Skandinavien im Inland- oder Gletschereis in unseren Bereich geschoben. Daher der geologische Begriff „Geschiebe“.
Ergänzt wird der Findlingsgarten noch durch zahlreiche informative Erläuterungstafeln, die sich nicht nur mit der Eiszeit beschäftigen, sondern im benachbarten Waldstück auch Auskunft über heimische Tiere und Pflanzen geben.
Vorbei an der zwischen 1738 bis 1740 in Beienrode von Georg Philip vonVeltheim am Ufer der Schunter auf den wahrscheinlichen Resten einer Wasserburg der Templer errichteten Gutsanlage erreichten wir unsere letzte Station unserer Reise durch die Erdgeschichte des Elms und seines Vorlandes, die gleich am Ortsrand von Groß-Steinum gelegene Bockshorn-Klippe.
Die mächtigen vor 60 Millionen Jahren gebildeten Knollenquarzite und der inzwischen leider in drei Teile zerfallene und daher nicht mehr zum Schaukeln zu bringende Wippstein auf dem gegenüberliegenden Friedhof waren allen Teilnehmern den Besuch wert.
Zahlreiche Informationstafeln brachten uns anhand der dargestellten Beispiele das Leben und die technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit näher
Den Abschluss bildete das über einen
sehr schönen Weg mit herrlichem Ausblick auf den Elm
nur wenige hundert
Meter von der Bockshorn-Klippe
entfernte um 2000
bis 2500 v.Chr. errichtete
Großsteingrab.
Doch wir erfuhren , dass es in Einzelteilen 1950/51 unter einem Acker vergraben entdeckt wurde und daraufhin unter großen Mühen an der jetzigen Stelle nach dem Vorbild der Lübbensteine neu zusammengesetzt wurde.
Ein herrlicher Tag ging zu Ende. Und alle Teilnehmer waren sich einig, dass weitere Exkursionen folgen müssten.
Doch das stete Bemühen um die weitere Schaffung von GEO-Pfaden engt die leider nur noch wenigen Fundplätze für "klopfende" Hobbygeologen immer mehr ein.
Aber wir waren uns sicher, Frau Wilke-Schiegries wird uns sicherlich noch einiges zu bieten haben.
Und versprochen ist auch, dass uns dann das Maskottchen "GEO-Charly", unser Norfolk-Terrier, auf den künftigen Ausflügen auch weiterhin zu tollen Funden und interessanten Zielen bringen wird.