Huysburg Röderhof
Von Huy-Neinstedt gelangen wir über Anderbeck und hinter Dingelstedt rechts abbiegend in den Huy, einen „bewandernswerten“, mit Buchen, Eichen, Eschen und Ahorn bewaldeten Höhenzug.
Hinter Röderhof biegen wir nach gut einem Kilometer rechts ab und erreichen den Parkplatz der Klosteranlage Huysburg.
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Auf der Höhe des Huys befand sich als Vorgänger des Klosters eine karolingische Burganlage, die zur Zeit Karls des Großen (748 bis 814) zur Sicherung der Grenze gegen die Slawen genutzt wurde.
Von ihr sind noch Reste im Wald sichtbar. Wir erreichen diese über einen vom Parkplatz aus in Richtung Süden verlaufenden Wanderweg bereits nach wenigen Metern.
Die dort von dem verstorbenen Ernst Wesarg aus Dingelstedt/Huy text- und bildlich entworfene und aufgestellte Schautafel zeigt uns, dass beidseitig des errichteten Walles Holzpfähle eingerammt wurden und der hierdurch entstandene Zwischenraum mit Erdreich aufgefüllt wurde. Der Verlauf dieser Palisaden wird auf der Tafel dargestellt.
Zur weiteren Erläuterung hat Wesarg folgenden Text hinzugefügt:
"Das Kloster Huysburg wurde im 11. Jahrhundert (1084) auf dem Boden einer alten fränkischen Burg errichtet. Die Karolingischen Burganlagen, die vorwiegend Holzbauten und Erdwälle darstellen, sind durch die Klosterbauten zerstört bzw. verdeckt. Nur von der Vorburg sind noch Reste der Wallanlagen (Anmerkung: Siehe Foto links), die die Wiese nach Osten und Süden begrenzen, erhalten. Diese Wehranlagen bestanden aus zwei Reihen Palisaden, deren Zwischenraum mit Erde aufgefüllt war. Die Gräben außerhalb der Wälle sind noch zu erkennen."
Der Zustand der Tafel war noch 2006 in einem beklagenswerten Zustand und wurde wahrscheinlich durch unseren Hinweis vom Natur- und Umweltbund Huy e.V. durch eine neue, leider weniger verständliche, ersetzt. |
Nach Verlust der strategischen Bedeutung der Burg erhält sie Bischof Arnold von Halberstadt im Jahr 997 als Schenkung.
Die auf der linken Seite zu sehenden Fotos zeigen das inmitten des Klostergeländes zu findende Gebäude während der so genannten Restaurierungsphase im Jahr 2006. Was daraus geworden ist, können Sie auf dem rechten Foto erkennen. Von Restaurierung leider keine Spur. Entstanden ist ein langweiliges Wohn- und Gästehaus. |
1038 lässt Bischof Burchard I. eine kleine Kirche auf dem ehemaligen Burggelände errichten.
Am 24.12.1080 erhält der Domkapitular Ekkehard von Halberstadt von Bischof Burchard II. den Auftrag zur Gründung Benediktinerabtei Huysburg und wird von den Mönchen zum ersten Abt des neuen Klosters gewählt.
Im Verlauf der nächsten Jahre errichtet der Nachfolger Ekkehards, Abt Alfried, auf dem Gelände eine neue Kirche und weitere Klostergebäude.
Nach fast fünf Jahrhunderten der Ruhe und des Friedens ereilte auch die Huysburg das Schicksal so vieler Burgen und Schlösser. 1525 wurde das Kloster im so genannten Bauernkrieg beraubt und niedergebrannt.
Aber auch der 30-jährige Krieg (1618 bis 1648) geht nicht spurlos an dem Kloster vorüber. Plünderungen und Zerstörungen waren während dieser Zeit häufig zu beklagen.
1804 wurde das Kloster im Zuge des Verfalls des Römischen Reiches Deutscher Nation säkularisiert(1). und die Abteikirche zur Pfarrkirche umgewidmet.
1823 schenkt König Friedrich Wilhelm II. Teile des Klosters und des Gutes Röderhof einschließlich der Ländereien Karl Friedrich von dem Knesebeck als Dank für dessen Verdienste im Kampf gegen Napoleon.
1826 verwendete Knesebeck Steine und Türen des inzwischen geplünderten und teilweise zerstörten Klosters, darunter auch das romanische Klosterquandrum, für den Bau des unter Punkt 8 unserer Tour beschriebenen Schlosses Röderhof.
Die verbliebenen Reste des einst so stolzen Klosters verfielen mehr und mehr. Erst im Jahre 1952 richtete die katholische Kirche in seinen Mauern ein Priesterseminar ein, das jedoch 1992 aufgehoben wurde.
1992 erwirbt der Bischof von Magdeburg den Teilbereich des Klosters, welchen die Familie von dem Knesebeck zurück erhalten hatte, und überträgt den Benediktinern die Verwaltung der Huysburg.
Heute ist das Kloster ein Priorat der Benidiktinerabtei St. Mathias in Trier und wird von neun Klosterbrüdern bewohnt (Stand 08/2006).
Der Benediktinerorden geht auf Benedikt von Nursia zurück, der 529 im Kloster bei Montecassino die Benediktsregeln wie Gehorsam, Schweigsamkeit, Beständigkeit und Demut verfasste.
Im Innenhof finden wir den heiligen Benedikt in Form einer Skulptur, die der Bildhauer Erich Peukert aus Quedlinburg geschaffen hat. Sie ist heute (2012) leider nicht mehr durch die Allgemeinheit zu besichtigen.
Die Abteikirche aus dem Jahr 1121 ist ein bedeutendes Bauwerk der sächsischen Romanik und war ursprünglich als kreuzförmige, dreischiffige Basilika geplant, da im Querschiff noch Ansätze von drei Apsiden zu finden sind. Höchstwahrscheinlich wurde jedoch noch während der Bauphase hiervon Abstand genommen und der lange Chorraum erbaut.
1487 wurden die Westtürme erhöht und mit den gotischen Turmhelmen versehen. Auf den kupfernen Wetterfahnen finden wir Darstellungen der Mutter Gottes und des heiligen Benedikts. Das Jahresdatum dieses Umbaues finden wir über der Uhr am südlichen Turm. 1492 erhielt die Kirche sicherlich aus optischen Gründen ein steileres Dach.
Die spätbarocke Einrichtung des Innenraumes stammt aus dem 18. Jahrhundert, da die ursprünglich romanische 1525 im Bauernkrieg und dem 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648) leider zerstört wurde.
Die Deckengemälde des 14 Meter hohen Hauptschiffes und des Querschiffes aus dem Jahr 1729 wurden 1830 mit Bildern über das Wirken Gottes in der Zeit von Jesus Christus übermalt. 1930 wurden diese restauriert.
Aus dem Jahr 1760 stammt die von dem Halberstädter Orgelbauer Johann Adolarius Papenius gebaute Orgel. Das Prospekt schnitzte der Bildhauer Bartholdi aus Halberstadt.
An der 1767 erbauten Kanzel finden wir das Wappen der Huysburger Äbte. Alle Äbte hatten das gleiche Wappen, nur wechselte das Mittelstück bei jedem einzelnen. Hier an der Kanzel wurde Matthias II. verewigt, Abt von 1720 bis 1733.
1787 erstellte der Bildhauer Stubenitzky aus Halberstadt den Hochaltar. Im Zentrum befindet sich der Tabernakel, der Aufbewahrungsort der Hostie, die von den Katholiken als Leib Christi verehrt wird, in Form eines Tempels mit dem Lamm und dem Buch mit den sieben Siegeln.
Das Altarbild schuf der Paderborner Künstler Anton Joseph Stratmann.
1793 erstellten der Tischler Eikenköller und der Bildhauer Hinsen den Beichtstuhl, die Chorschranken und die beiden Nebenaltäre.
1983 wurde die infolge mangelhafter Pflege stark beschädigte Orgel von der Orgelbaufirma Eule aus Bautzen durch ein neues Werk mit 27 Registern ersetzt.
Im südlichen Querhaus erinnert ein großes Epitaph an den wohl bedeutendsten Abt des Klosters, Nikolaus von Zitzewitz. Er hat nach den Wirren des 30-jährigen Krieges das Kloster nicht nur zur Zucht und Ordnung zurückgeführt, sondern auch die aufgelaufenen Schulden abgetragen und die zerstreute Bibliothek wieder zusammengetragen. Er, der inzwischen 40. Abt des Klosters, wird als zweiter Begründer desselben angesehen.
Im nördlichen Querhaus wurde der Begründer und erste Abt des Klosters, Ekkehard, gestorben 1084, beigesetzt. Die Grabplatte wurde im Bauernkrieg beschädigt, als man den Bleisarg herausgenommen hatte. Es wird berichtet, dass kurz nach Aufhebung des Klosters, Mönche im Jahr 1806 das Grab geöffnet und die Gebeine Ekkehards vorgefunden haben.
Neben dieser Grabstelle befinden sich noch weitere Grabplatten von Äbten aus den letzten Jahrzehnten vor der Aufhebung des Klosters.
Die Marienkapelle erreichen wir durch eine Tür der früheren Apsis. Hier finden wir die Kopie einer großen Madonnenfigur aus dem Paderborner Dom, einer Steinskulptur aus dem 13. Jahrhundert. Sie wurde 1959 aufgestellt und anlässlich einer großen Wallfahrt, an der mehr als 22.000 Gläubige teilnahmen, als "Muttergottes von Huy" geweiht.
Bereits seit 1951 werden Wallfahrten zur Huysburg abgehalten.
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(1) Säkularisierung |
Verweltlichung, Loslösung aus den Bindungen an die Kirche. |
(2) Kreuzgang |
Überdeckter Gang um einen in der Regel quadratischen Hof an der Südseite der Kirche in Klosteranlagen. |
Anmerkung: "Der Huy (sprich "Hüh") ist Landschaftsschutzgebiet und in seinem Kerngebiet wachsen seltene europäische Orchideenarten. Es locken interessante Wanderziele, so im Osten, im Westen und in der Mitte des
6 km breiten und 1,5 km tiefen Höhenzuges die Überreste der drei sogenannten Warten, Aussichtstürme, die im Mittelalter der Warnung der nahen Stadt Halberstadt vor herannahenden Landsknechten dienten."
Mit viel Liebe hat Herr Dr. Hentrich eine
informative
Seite über seinen Geburtsort Röderhof, das Kloster Huysburg
und die besuchenswerte Landschaft erstellt.
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