Heinrich der Löwe, unvergessen
Heinrich der Löwe
Heinrich der Löwe
Herzog Heinrich der Löwe war ein gebürtiger Schwabe! Nun ja, er wurde also nicht in Braunschweig geboren. Aber wie sagt man? Die Heimat ist nicht da, wo man geboren wurde, sondern dort, wo man sich wohl fühlt. Und in Braunschweig fühlte er sich sauwohl. Er wurde 1129 in Altdorf bei Ravensburg (so ganz genau weiß man das aber nicht) geboren. Sein Papa hieß Heinrich der Stolze und seine Mama Gertrud.
Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte er in Bayern, seine Pubertät genoss er aber in Sachsen unter der Obhut von Oma Richenza und Opa Lothar dem III. und Kaiser, den Eltern seiner Mutter, die im Dom von Königslutter begraben sind.
Er war sicher der Schwarm aller Teenies, denn sein Äußeres verriet die italienische Abstammung. „Er war gut gebaut, von mittlerer Größe (nobody is perfect) und ungewöhnlicher Körperkraft. Er hatte starke Züge, große schwarze Augen und die Haare näherten sich dem Schwarz.“
Anmerkung: Die Angaben hinsichtlich der Göße Heinrichs sind jedoch zweifelhaft.
.
Siehe dazu den im Nachspann als PDF-Datei beigefügten Bericht über die Öffnung der Gruft im Jahr 1935 durch Professor Hofmeister und den in Auszügen abgedruckten Leserbrief vom 12. Juni 2008 von Frau Dr. Angelika Burkhardt.
Bereits 1139
übernahm er Braunschweig als Erblast und machte es in den folgenden
Jahren zu seiner Residenzstadt.
Seine erste Gattin hieß Clementia von Zähringen. Drei Kinder gingen aus dieser Ehe hervor. Heinrich und Richenza, die jedoch schon im Kindesalter starben und Gertrud, die spätere Gattin von Knut, dem Dänenkönig.
Nach
15 Jahren reichte er 1162 die Scheidung ein und nahm 1168 die erst 12-jährige Mathilde, Tochter
Heinrichs II. von England und Schwester von Richard Löwenherz,
zum Weibe. Offizieller Grund der Scheidung: Zu nahe verwandtschaftliche
Beziehung. Wahrscheinlich nahm er aber die Engländerin, um noch höheres Ansehen
zu erreichen.
Mathilde gebar ihm
ein Mädchen und vier Buben, nämlich
1172 die Richenza / Mathilde,
1174 den Heinrich, der später der Pfalzgraf bei Rhein wurde,
1175 den Otto, der später sogar deutsch-römischer Kaiser wurde, nämlich Kaiser Otto der Vierte,
irgendwann dazwischen, den Lothar, der leider schon vor seinem Vater als Geisel starb, und schließlich
1184 den Wilhelm, den zukünftigen Stammhalter der Welfen. Vater Heinrich der Löwe war hier schon 55 Jahre alt.
Aus einem während der ersten Ehe erfolgten "Seitensprung" mit der Tochter des Grafen von Blieskastell ging um 1155 die Tochter Mathilde hervor.
Heinrich war ein bestens ausgebildeter Krieger. Trotzig, aufbrausend und rechthaberisch. Im Jahr 1147 sollte ein Kreuzzug nach Jerusalem stattfinden, da die Stadt Edessa, das Bollwerk Jerusalems, in die Hände von Ungläubigen gefallen war.
Aber Heinrich machte lieber seinen eigenen. Im Alter
von 18 Jahren zog er in den Krieg gegen die Slaven, denn auch
die verbrannten Kirchen und bedrohten die deutsche Herrschaft. Der Krieg endete
damit, dass sich die Slaven zum Christentum bekannten.
Der damalige
König Konrad hatte ihm schon lange
die Rückgabe Bayerns versprochen, da dieses ehemals Heinrichs Vater
gehört hatte. Und da dieser immer wieder „Och, nööh, aber ich weiß nicht...“,
gesagt hatte, brach Heinrich im Winter 1050/51 wutentbrannt in Richtung
Süden auf, um sich Bayern auf seine Art zurück zu holen. Konrad ritt daraufhin
ganz flott nach Goslar und Kloster Heiningen (s.Tour 3), baute
Absperrungen auf, damit Heinrich erst einmal
im Süden schmoren und wieder auf vernünftige Gedanken
kommen sollte.
Aber der
clevere Heinrich zog bei Nacht und Nebel nach fünftägigem Ritt in sein
geliebtes Braunschweig ein, das er inzwischen zu seinem Wohnsitz erkoren hatte.
Aber Bayern hatte er immer noch nicht.
1152 starb
König Konrad, der so gern noch vorher Kaiser geworden wäre. Heinrich war
sicher nicht sehr traurig.
Am 04.03.1152 wurde
Heinrichs
Vetter Friedrich Barbarossa als Nachfolger Konrads zum König
gewählt. Und der Familienklüngel bewirkte, dass Heinrich der Löwe 1156 endlich
sein Bayern erhielt und dort 1158 die heutige Weltstadt
München
gründete. Aber zuvor musste er noch auf Barbarossas Wunsch
einen Römerzug machen. Und in Rom wurde Barbarossa vom dortigen Papst zum Kaiser gekrönt.
Kaiser Barbarossa fiel aber bald in Ungnade des Papstes;
und dieser, der Pabst, strebte die
Oberhoheit über das Kaiserreich an. Nachdem Heinrich zuvor 1159 den
Grundstein für die Stadt Lübeck legte, zog er im selben Jahr mit Barbarossa und dessen Heer Richtung Mailand, da auch diese
Stadt sich gegen Barbarossa auflehnte. Nach hartem Kampf fiel Mailand erst 1162 und
wurde dem Boden gleich gemacht.
Aber der Widerstand des Papstes nahm weiter zu. Neben
Frankreich und Spanien wandte sich auch England gegen Barbarossa.
1163 musste
Heinrich schon wieder ins Slawenland, da dort Unruhen ausgebrochen
waren. Mit seinen neuen Belagerungsmaschinen brachte er die Slaven aber bald
zur Räson.
Doch der Friede sollte nicht dauern. Denn viele Fürsten
des Reiches waren neidisch auf Heinrich, da er so sehr in der Gunst des Kaisers
stand. Diese vermeintliche Schwächung Heinrichs ermutigte die Slaven, 1164
wiederum aufzubegehren und Mecklenburg zu überfallen. Jetzt wurde Heinrich
aber richtig böse. Im Verbund mit den Dänen, Holsteinern, Schwerinern und
Oldenburgern wütete er in einem wilden Gefecht, 2000 Gefallene. Da baten die
Slaven um Frieden, der ihnen von Heinrich gewährt wurde. Und unter den Slaven
machte das Christentum große Fortschritte.
Unterdessen war Barbarossa 1163 zum dritten
Mal nach Italien gezogen. Erfolglos. 1164 zum vierten Mal. Wieder
erfolglos, denn nachdem 1168 sein Heer einer pestartigen Krankheit zum
Opfer gefallen war, kehrte er entmutigt zurück.
Heinrich war zu Hause geblieben. Aber der Neid der übrigen Fürsten ob
seiner außerordentlichen Macht, die er als Herzog
von Sachsen und Bayern besaß, nahm stetig zu.
Er verstärkte aus diesem Grund die Befestigungen von Braunschweig. 1166 vergrößerte er auf dem Burgplatz als Zeichen seiner Macht die schon ältere Burg Dankwarderode und errichtete den ehernen Löwen.
Aber im selben Jahr vereinigten sich die Fürsten
Norddeutschlands, um ihn zu demütigen. Es entbrannte ein heftiger Krieg.
Zwischendurch heiratete Heinrich am 01.02.1168 in Minden aber erst
einmal seine Mathilde von England. Wie schon erwähnt, ein geschickter
Schachzug, denn dadurch wurde sein Ansehen noch mehr gehoben.
Der
inzwischen erlahmte Krieg brach aber doch
bald wieder aus, nachdem er den gegen seinen Willen gewählten Erzbischof aus Bremen
verjagt hatte. Doch der Krieg versiegte bald wieder, da Barbarossa am 20.01.1172
Frieden vermittelte.
Unser Heinrich stand wieder groß und mächtig da.
Die ruhige Lage im Deutschen Reich nutzte er und machte
eine Wallfahrt zum Heiligen Land. Über Regensburg, Wien, Ungarn, Serbien, Konstantinopel,
per Schiff nach Ahkon, und von dort mit Maultieren nach Jerusalem, um dort drei
Tage zu bleiben. Anfang 1173 war er wieder zurück. Nach Augsburg. Und im
selben Jahr gab er statt der bisherigen kleineren Kirche den Bau des Braunschweiger Doms, die Stiftskirche
St. Blasius, in Auftrag.
Mit seiner Wallfahrt ist eine interessante Sage verbunden:
Während einer Fahrt auf offenem Meer, Hunger leidend, wurde er von einem Greif (großer Vogel) an Land getragen. Während der Landung entdeckte er einen Löwen, der von einer Schlange bedroht wurde. Er tötete die Schlange und der Löwe war ihm dafür sehr dankbar. So dankbar, dass er fortan nicht mehr von seiner Seite wich. Und als Heinrich gestorben war, legte sich der Löwe „draußen“ vor die Tür des Braunschweiger Doms und verschmähte Speis und Trank...und starb.
Links neben der Tür des nördlichen Kreuzflügels
sind noch heute tiefe Furchen zu sehen, die er in seinem Schmerz und
seiner Trauer und dem Wunsch zum Grab seines Herrn zu gelangen mit den Pranken in den harten Stein gekratzt hat.
Bis 1174 bleib alles in
Deutschland unverändert. Nur in Italien zogen dunkle Wolken auf. 1174 zog
der reisefreudige Barbarossa nun zum fünften Mal nach Italien. Aber er kam dort
nicht allein zurecht. Die Fürsten sollten zu Hilfe kommen. Und alle wollten
kommen, nur Heinrich nicht. Darauf flehte Barbarossa auf Knien um
seine Hilfe. Vergebens. Der Grund war wahrscheinlich, dass ihm Barbarossa nicht
das Lehen über die Stadt Goslar mit seinen reichen Silbervorkommen
geben wollte.
Barbarossas Heer
wurde am 29.05.1176 fast völlig vernichtet.
Wegen seines Ungehorsams wurde am 13.01.1180 auf
dem Reichstag in Würzburg die Acht über Heinrich ausgesprochen.
Er wurde aller Würden und Lehen für verlustig erklärt und ihm die Herzogswürde
aberkannt. Die Lehen für die Länder Sachsen und Bayern wurden ihm aberkannt.
Heinrich war böse darüber, und er zerstörte aus
Wut die Städte Hornburg und Nordhausen.
Jetzt war auch Barbarossa böse. Er kam und jagte Heinrich
durch die Lande. Und als er ihn hatte, warf sich Heinrich dem Kaiser demütig zu Füßen.
Barbarossa weinte. Und ihm gelang es mit Tränen in den Augen, die Fürsten von
der Aufhebung der Acht zu bewegen. Aber nur unter der Bedingung, dass Heinrich
Deutschland verlassen müsse , bis der Kaiser ihm erlaube, in die Heimat zurück
zu kehren.
Aber diese Regelung war zum Schaden des Deutschen
Reiches, denn der Staat löste sich in kleine Territorien auf , so dass der
dänische König die deutschen Küstengebiete an der Ostsee in seine Herrschaft
bringen konnte.
Im Juli 1182 trat Heinrich seine Verbannung in die
Normandie an. 1184 zog es ihn nach Winchester in England. 1185
durfte er endlich in sein geliebtes Braunschweig zurückkehren.
Inzwischen war Jerusalem wieder einmal gefallen. Heinrich
sollte auf Verlangen Barbarossas daran teilnehmen. Aber wieder lehnte er
ab.
Heinrich musste wieder in die Verbannung. Ostern 1189
reiste er mit seinem ältesten Sohn, jedoch ohne Gemahlin, nach England. Denn
die sollte auf Braunschweig aufpassen.
Barbarossa musste
wieder einmal Richtung Jerusalem verreisen. Kaum war er weg, kehrte
Heinrich zurück. Aber es war eine traurige Heimkehr. Seine liebe Frau
Mathilde war am 28.06.1189 gestorben.
Aus Trauer oder Wut darüber nahm er darauf noch mal eben
auf die Schnelle u.a. Hamburg, Lübeck und Plön in seinen Besitz.
Kaiser Barbarossa,
mit dem ihn eine Hassliebe verband, starb am 10.06.1190 im Alter von 60
Jahren, fern der Heimat in der jetzigen Türkei. Wegen der großen Hitze
wollte er in dem Fluss Saleph ein erfrischendes Bad nehmen, vergaß aber
vor lauter Eile, sein Eisenharnisch auszuziehen ... und versank in den Fluten.
Der Badeanzug war zu schwer. Einer Sage nach sitzt er aber noch heute im
Kyffhäuser
(Höhenzug südlich des Harzes) und wartet auf seine letzte Schlacht. Oder im Unterberg
bei Salzburg, denn auch dort soll er hocken.
Am 15.07.1194 hob der neue Kaiser Heinrich VI.
die Acht über den schon kränkelnden Heinrich wieder auf.
Die letzten Jahre seines bewegten Lebens verbrachte
Heinrich in seinem Braunschweig. „Er lauschte alten Mähren und Liedern
trefflicher Sänger“. Im Winter 1194/1195 hatten seine Kräfte mehr und mehr abgenommen.
Am 06.08.1195
hauchte
Heinrich der Löwe im Alter von 66 Jahren
in den Armen seines Sohnes Heinrich
mit den letzten Worten: “Gott, sei mir Sünder gnädig“, sein Leben aus.
Seine letzte Ruhe fand er in dem von ihm gegründeten Dom zu Braunschweig, neben seiner geliebten Gemahlin Mathilde. Und vor dem Kirchentor verstarb sein treuer Löwe, der mit seinen Pranken...., aber das kennen Sie ja schon.
Quelle für den vom Webmaster hoffentlich im Sinne von "Heinrich der Löwe" verfassten und etwas der heutigen Zeit angepassten Lebenslaufes : Geschichte des Herzogtums Braunschweig von O. Hohnstein, 1908, Nachdruck von 1979
Familienfoto
Diese wohl älteste Abbildung zeigt ganz links Heinrich der Löwe mit seinen Eltern Herzog Heinrich der Stolze (rechts) und Gertrud von Sachsen (Mitte).
Ausschnitt aus: Historia Welforum, Stammbaum der Welfen, Kloster Weingarten, erstellt zwischen 1185/1191
1935 wurde im Braunschweiger Dom eine Ausgrabung durchgeführt. Das gefundene Skelett wurde damals irrtümlich von Fachleuten als das von Heinrich der Löwe erkannt. Aufgrund dessen geringer Größe ist man vielerorts, auch die Braunschweiger Zeitung in Berichten von Juni 2008, noch heute der Annahme, dass Heinrich ein kleines Männchen und zudem mit einem Hinkebein ausgestattet war. Adolf Hitler, zu jener Zeit Regierungschef und Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches, stellte anlässlich einer Besichtigung der Ausgrabung zu seiner Enttäuschung fest, dass die ihm als Heinrich der Löwe präsentierte Gestalt nicht nur ein Hinkebein hatte, sondern zudem nur knapp über 1,60 Meter maß. Damit zerstob für ihn der Traum vom „germanischen“ Heldenrecken.
Lesen Sie hierzu den als PDF-Datei beigefügten Bericht über die Vorträge vom 17. November 1935 des damaligen Ministerpräsidenten Klagges und des Ausgrabungsleiters Professor Hofmeister nach erfolgter Öffnung der Gruft.
Heinrich der Löwe war kein kleines Männchen mit Hinkebein!
Frau Dr. Angelika Burkhardt aus Braunschweig schrieb zu dieser nach ihrer und anderer Fachleute offensichtlichen Fehlinterpretierung am 12. Juni 2008 in der Braunschweiger Zeitung folgenden Leserbrief (Auszüge) :
"Dass diese Mär nicht auszurotten ist. Was man in Braunschweig wissen könnte, wenn man nur wollte, ist: Das Skelett, das 1935 gefunden wurde , ist weiblich. ... Besonders am Becken wird erkennbar - jedenfalls für einen Anthropologen -, dass es typisch weibliche Merkmale trägt. Die hier [im Braunschweiger Dom] bestattete Frau, wahrscheinlich Mathilde, litt unter einer angeborenen Hüftgelenksluxation. Man muss sich also keine Sorgen machen, dass Heinrich der Löwe zu seinen Lebzeiten ein kleines Männchen mit Hinkebein war. Auch die oft weit hergeholten Spekulationen über Becken- oder Beinbrüche Heinrichs, die zu einer Beinverkürzung geführt haben könnten, sind überflüssig. Bei dem großen Individuum, dass neben dem vermeintlichen Heinrich-Sarkophag in einem Ledersack bestattet worden war, handelt es sich wahrscheinlich um den Herzog. Leider ist von ihm nur ein Leichenschatten erhalten geblieben, die Knochen sind vollständig vergangen.
Kurz: Anders, als in ihrem Artikel steht, gibt es kein vollständiges Skelett von Heinrich dem Löwen im Braunschweiger Dom."
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© Jürgen Mewes
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